Unser Repertoire umfasst nicht nur Gospels, sondern auch afrikanische und zeitgenössische Gesangsstücke.
Der nachfolgende Artikel soll eine kurze Information über die Entstehungsgeschichte des Gospels geben. Anschließend daran kann man eine kleine Auswahl unserer Repertoirestücke nachlesen.
Entstehungsgeschichte
Die meisten uns bekannten Musikstile basieren auf dem Vorläufer „Spiritual“. Demnach lohnt es sich einen kurzen Blick in die Entstehungsgeschichte zu werfen:
Der Ursprung des „Spirituals“ ist zuerst in Europa zu suchen. Im Jahr 1707 veröffentlichte der anglikanische Pfarrer Dr. Isaac Watts in England das Buch „Hymns And Spiritual Songs“ mit gesammelten und eigenen Liedern, den sogenannten „Spiritual Songs“ (= „geistliche Lieder“). Mit eingängigen Melodien und bildhaften Texten wollte er die bisher bekannte Kirchenmusik reformieren. Durch die britischen Kolonien gelangte das Buch nach Nordamerika und erfuhr eine schnelle Verbreitung. Die Lieder wurden von Sklaven übernommen und mit eigenen Kompositionen kombiniert. Im 19. Jahrhundert wurden alle religiösen Lieder unterschiedslos als „Spirituals“, „Hymns“ und „Anthems“ bezeichnet, ganz egal welcher Konfession und Hautfarbe sie entsprangen.
Nicht nur in Europa, sondern auch in Nordamerika entwickelte sich eine Musikgattung, die heute ebenfalls als „Spiritual“ bezeichnet wird. Einige Forscher ordnen die Entstehung der amerikanischen Spirituals eindeutig der Sklaverei zu, wodurch man annehmen kann, dass Lieder die in Nordamerika vor 1865 entstanden, auch rein sklavischen Ursprungs sind.
Spirituals, die später komponiert wurden, haben meist einen weißen, also europäischen, Ursprung oder zumindest dessen Einfluss, wie z.B. das Lied „Amazing Grace“ (es wird oftmals dem Methodisten-Mitbegründer John Wesley zugeschrieben).
Diese „weißen“ Lieder wurden wiederum „schwarz“ bearbeitet, d.h. die typischen Merkmale wie das „Call & Response“-System („Ruf und Gegenruf“) und die später im Jazz als „blue notes“ bezeichnete Tonalität wurden eingearbeitet. Durch diese Besonderheiten und die afrikanischen Einflüsse wurde der Spiritual geprägt und so unverwechselbar, wie wir es auch heute noch erleben.
Die Thesen des Musikers Willis Laurence James machen deutlich, wie intensiv die „weißen“ und „schwarzen“ Spirituals miteinander verwoben sind:
– Schwarze übernahmen viele Songs direkt.
– Weiße borgten viele Songs von den Schwarzen (Beispiel: Stephen Foster).
– Bei vielen Songs gibt es Zweifel, weil beide Einflüsse gleich stark sind.
– Ein Großteil der schwarzen Lieder ist unabhängig von den Weißen entstanden.
– Schwarze bearbeiteten viele weiße Songs und retteten sie so vor dem Vergessen.[1]
„Spirituals“ sind im Grunde Volkslieder. In den meisten Fällen ist der Verfasser unbekannt, sie wurden über einen langen Zeitraum hinweg nur mündlich überliefert und erst spät in gedruckter Form gesammelt.
Während der sogenannten „Harlem Renaissance“[2] in den 1920er Jahren entstand eine neue Form von religiöser Musik, die nach dem Evangelium benannt wurde: „Gospel“.
Richtungsweisend für diese Stilart war Thomas A. Dorsey (1899 – 1993). Er schuf seinen „Gospel Blues“, was für die damalige Zeit eher paradox klang, da religiöse Musik nicht mit dem sündhaften, weltlichen Blues vereinbar schien. Dorsey meinte damit aber lediglich die musikalische Synthese aus Elementen des Blues und Jazz. Diese neuen Lieder hatten nun wieder einen deutlich „schwarzen“ Sound, der zwischenzeitlich zum Teil verloren gegangen war.
Die Unterscheidung der Begriffe „Spiritual“ und „Gospel“ ist jedoch relativ unnötig, da die Übergänge fließend sind. Das Hauptanliegen sollte die jeweilige Botschaft sein und das Bedürfnis, Gott mit Liedern afroamerikanischer Herkunft zu preisen.[3], [4], [5]
[2] Das schwarze Bürgertum siedelte vom Süden vornehmlich in den Norden der USA (New Yorker Stadtteil Harlem, Chicago, Philadelphia, …) und etablierte sich dort mit ihrer eigenen Kultur.